Im Juni haben wir mal wieder Bier gebraut – bei zwei Seminaren bei uns im Haus und in der Brunnen-Gemeinschaft in Langenbernsdorf. Und dabei ging es nicht nur um das Brauen, sondern auch um das Schauen: auf den faszinierenden Prozess des Brau- und Gärvorgangs und auf das spannende Leben als Mann. Das Bierbrauen als Gleichnis für unser Leben!
Ein Aspekt: Das Warten.
Denn das begegnet uns im Brauprozess mehrmals. Die Maische wird auf eine bestimmte Temperatur erhitzt und muss dann eine Weile ruhen. Bis dahin haben wir alles gemacht, was in unserer Macht stand – das jetzige Geschehen im Braubottich entzieht sich unserer Wahrnehmung und unserem Einfluss: Jetzt sind nicht mehr wir aktiv, sondern die Enzyme! Denn die verwandeln nun die Stärke in Zucker – der später von der Hefe in Aromen, Kohlensäure und Alkohol umgewandelt wird. Auch das braucht Zeit – mehrere Wochen, bis das Bier trinkfertig ist. Es braucht beim Bierbrauen also viel Geduld. Aktion und Ruhe wechseln sich ab – es braucht beides!
Dieses Prinzip von Aktion und Ruhe begegnet uns nicht nur beim Bierbrauen, sondern gilt für viele Bereiche unseres Lebens – oder besser gesagt: für alle Bereiche unseres Lebens!
Es ist das Prinzip der Natur, unserer Welt, der Schöpfung: Tag und Nacht, Wach sein und Schlafen, Sommer und Winter… So wie beim einem Schalter: An – Aus – An – Aus…
Gott selbst legt dieses Prinzip in seine Schöpfung hinein: „Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.“ Am deutlichsten wird das in der letzten Schöpfungstat Gottes: Gott erschafft den Sabbat! Er schafft damit einen Rhythmus von Arbeit und Ruhe, von Aktivität und Erholung, von Kreation und Rekreation. Wir sind eingeladen, uns und unser Leben auf diesen Rhythmus einzulassen – uns in diese Pendelbewegung einzuschwingen.
Klingt plausibel, aber:
Wie geht es uns damit? Wie geht es dir damit? Wie geht es dir mit Zeiten, in denen du keinen Einfluss darauf hast, was geschieht? In denen dir nichts anderes übrig bleibt, als abzuwarten? In denen du zum Nichtstun verdammt bist?
Aber Moment mal: Was heißt zum Nichtstun verdammt? Ist das nicht eine komische Redensart? Bedeutet Nichtstun und Warten tatsächlich eine Verdammung? Kann das Nichtstun, das geduldige Abwarten auch etwas Positives sein?
Wir können uns die Frage stellen: Was geschieht eigentlich, wenn ich mal nichts tue? Was passiert, wenn es nicht mehr auf mich ankommt?
Was wäre, wenn im Nichtstun, im Ruhen mehr geschieht, als ich glaube?
Faszinierend, wie das im menschlichen Körper deutlich wird: Muskeln wachsen nicht während der Übungen, nicht im Training. Beim Training, bei der Aktion werden die Muskeln lediglich stimuliert, es werden Impulse gesetzt. Das eigentliche Wachstum geschieht aber in der Regenerationsphase, der Ruhephase.
Das Geheimnis des Wartens ist wohl, dass in der Ruhe, ganz im Verborgenen, etwas Wesentliches geschieht – und zwar ohne unser Zutun. Die wesentlichen, die wichtigen Dinge in unserem Leben können wir nicht machen, sie entziehen sich unserem Einfluss:
- Liebe kann man nicht machen, nicht erzwingen.
- Freundschaft und Zuneigung wachsen heran – oder auch nicht.
Es ist unmöglich, Liebe zu erzwingen. Das Gegenteil wird passieren.
Das wäre genauso sinnlos, wie an Gras zu ziehen, in der Hoffnung, dass es schneller wächst. Dort, wo wir Wachstum erzwingen oder beschleunigen wollen, die Abkürzung suchen, kann etwas nicht fertig reifen – das heißt: Wesentliches kann nicht stattfinden. Die Qualität leidet: das gilt für die Reifungsprozesse beim Bier und in der Natur genauso, wie in unserem Leben.
Gott lädt ein, sich in den Rhythmus von Arbeit und Ruhe, von Aktion und Rekreation einzuschwingen. Er ermutigt uns, immer wieder die Ruhe zu suchen – loszulassen – vertrauensvoll die Hände zu öffnen, wo wir verkrampft an etwas festhalten.
Denn nur da, wo wir etwas loslassen, können wir Empfangende werden.
König Salomo ermahnt uns in Psalm 127,2: „Vergeblich ist es, dass ihr so früh aufsteht und euch erst spät wieder hinsetzt, um dann euer mühsam erarbeitetes Brot zu essen – denn genauso viel gibt der HERR den Seinen im Schlaf!“
Das Wesentliche an dieser Zusage ist für mich: Der Herr GIBT. ER ist der Versorger.
Wir können viel schaffen: Wir können früh aufstehen, uns spät hinsetzen, mühsam arbeiten, uns abrackern… Das ist auch manchmal dran und sinnvoll. Aber letztlich bleiben wir in Allem Angewiesene: Gott beschenkt uns, er versorgt uns, er lässt wachsen.
Und das gerne auch in Zeiten der Ruhe und des Wartens:
damit in uns etwas gären und reifen kann –
damit unser Leben vollmundig wird wie ein gutes Bier.



